Reichskonkordat

Tagung am 13. Juli 2013 in Bochum

Am 20. Juli 1933 gelang dem deutschen Naziregime ein beachtlicher diplomatischer Erfolg. Mit der Unterzeichnung eines Staatsvertrages mit dem Vatikan durchbrach es die internationale Isolierung. National bedeutete dieses Datum den endgültigen Schulterschluss der Kirchen mit dem Nationalsozialismus. Während die evangelische Kirche zu den Wegbereitern und Unterstützern der NSDAP gehörte, war die katholische Kirche lange in kritischer Distanz zu den Nazis geblieben. Sie wusste, dass sie mit der angekündigten Gleichschaltung des Nazi-Regimes einen beachtlichen Teil ihrer Autonomie aufgeben musste.
Aber die Gemeinsamkeiten mit der faschistischen Regierung waren wichtiger. In Italien hatte sich die Kollaboration mit Mussolini bereits bewährt. Der Vatikan hatte einen Hügel in Rom erhalten, den er zum Staat erklären durfte. Dafür opferte der Vatikan den Faschisten die katholische Volkspartei (Partito Popolare Italiano) wie dann auch in Deutschland die Zentrumspartei – als parlamentarischen Arm der Katholiken.
In flammenden Predigten und Hirtenbriefen betonten nun die Kirchen ihre Gemeinsamkeiten mit dem Faschismus: Ein autoritäres anti-emanzipatorisches Weltbild, eine Rollenzuschreibung der Frauen als dienende Gebärende, ein unverhohlener Nationalismus, Sympathie für Rassismus, offener Antisemitismus und vor allem der Kampf gegen Bolschewismus, Kommunismus und andere atheistische Aktivitäten schweißten Kirchen und Nazi-Diktatur zum Schulterschluss zusammen. Die Kirchen akzeptierten den Holocaust, beteiligten sich an der Ermordung von Behinderten und segneten den deutschen Vernichtungskrieg.
Keine andere Großorganisation hat den Faschismus derart unbeschadet oder gar gestärkt überstanden wie die beiden deutschen Großkirchen.
Während der Weimarer Republik gab es Massenveranstaltungen von Sozialdemokraten und Kommunisten, die zum Kirchenaustritt mobilisierten. Fast alle dieser antiklerikalen Kritiker sind von den Faschisten ermordet oder vertrieben worden. Nach 1945 konnten die Kirchen weitgehend ohne Gegenwehr im Adenauerstaat ihre Position zu ihrer heutigen Macht ausbauen.
Die Tagung möchte die Bedeutung des Konkordats für Nazis und Kirchen beleuchten, die Rolle der Kirchen als Täterinnen während des Faschismus beschreiben und nachvollziehen, wie es den Kirchen gelungen ist, sich nach 1945 als Opfer des Faschismus zu verklären.


Ablauf der Tagung:
10.00 Uhr Begrüßung durch Jörg Schnückel, Religionsfrei im Revier
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10.15 Uhr Hartmann Schimpf: Der italienische Faschismus als Vorbild für die deutschen Nazis, die Genese des Hitler-Vatikan Paktes – Vorstellung der Ausstellung zum Thema
anschl. Blick in die Ausstellung
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11.15 Uhr Dokumente zum Schulterschluss von Kirchen und Faschismus. Zusammengestellt von Martin Budich und Hartmann Schimpf
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12.00 Uhr Die Bedeutung des Konkordats Welche Interessen wurden geregelt, welche Auswirkungen hat es bis heute? Lektüre und Diskussion. Moderation: Gisela Neuland-Kreuz
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13.30 Uhr Dokumente zum Thema Kirchen und Faschismus: Holocaust, Euthanasie und Krieg. Zusammengestellt von Martin Budich und Hartmann Schimpf
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14.30 Uhr Lukas Mihr: Die Geschichte der Fuldaer Bischofskonferenz 1930-1945
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15.45 Uhr Lukas Mihr: Der Rattenpfad – Wie der Vatikan, das Rote Kreuz und der CIA die Flucht von Naziverbrechern nach Lateinamerika und Südafrika organisierten
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16.15 Uhr Abschluss-Debatte: Wie haben es die Kirchen geschafft, sich im öffentlichen Bewusstsein als Opfer des Faschismus zu präsentieren? Wie das Bild der Kirchen im Faschismus in Schulbüchern und anderen Trägern der Meinungsbildung verklärt wird. Welche Chancen zur Aufklärung gibt es?
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17.00 Uhr Ende der Tagung
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Organisatorisches:
Zwischen den Abschnitten gibt es Pausen u.a. mit Sketchen von Anja und Armin Schreier und einem Quiz: Wer hat das gesagt?

Um 13.00 Uhr wird in der Mittagspause Salat, Pizza und ein Nudelgericht angeboten. Preis: 6€.
Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist sehr solidarisch und erleichtert die Organisation. Sie ist erforderlich, wenn ein Mittagessen gewünscht wird. Bitte angeben, ob vegetarisches Essen erwünscht wird: Anmeldung@Religionsfrei-im-Revier.de.

Tagungsort ist das Gewerkschaftshaus von ver.di, Universitätsstraße 76, 44789 Bochum.
Veranstalter sind Religionsfrei im Revier und das Ludwig Quidde Forum.
Weitere Informationen zur Tagung

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3 Responses to Reichskonkordat

  1. Peter Ofenbäck sagt:

    Die Tagung war äußerst interessant und informativ. Viele Teilnehmer waren Experten in der Thematik. Leider konnten die Folgen, die das Reichskonkordat bis heute hat, nicht mehr hinlänglich gewürdigt werden. Leider wird diese sehr bildungslastige Veranstaltung in der Öffentlichkeit vermutlich weniger Aufsehen erregen als die Karfreitags – Aktion von RiR, obwohl das Reichskonkordat für unser heutiges Leben fast bedeutendere Konsequenzen hat als das Feiertagsgesetz. Zum Schluß kam der Ruf nach Folgeveranstaltungen auf, dem ich mich gerne anschließe.

  2. Ingolf sagt:

    Hallo Jarek,
    leider habe ich den Sinn Deins Beitrages nicht verstanden. Dein anscheinend großes Detailwissen ändert nichts an der historischen Bedeutung des Reichskonkordates, der Zusammenarbeit der deutschen katholischen Kirche mit den deutschen Faschisten und der damit verbundenen Mitschuld dieser Kirche an den grausamen Massenmorden und dem Terrorregime der Nationalsozialisten.
    Das die Katholiken 1933 noch unter dem Reichsdurchschnitt die Nazis wählten mag sein, aber wie war es später, nach Inkrafttreten des Konkordats?
    Die Rolle des Herrn Rocalli in dieser Zeit wird immer nur von katholischen also parteiischen Geschichtsschreibern positiv beleuchtet, ein Gerechter unter den Vökern wird der wohl nicht, da brauchen wir keine Angst zu haben.
    Die ersten Sozialgesetze wurden von Bismarck erlassen, war der auch ein Sozialist?
    Was hat Hitlers Sympathie für marx´sche Schriften mit dem Reichskonkordat zu tun? Sind die katholischen Bischöfe etwa auch Marxisten?
    War Hitler ein Marxist? Hier gleitet Deine „folgerichtige“ Argumentation in den Nebel einer Verschwörungstheorie ab. So wie Dein ganzer Kommentar im Verhältnis zur Bedeutung des Reichskonkordates für die Nachkriegszeit und die heutige Bundesrepublik Deutschland einem wie eine einzige Krümelkäsekackerei vorkommt.
    Die katholische Kirche war für die Adenauerregierung ein willkommenes ideologisches Instrument, um die Naziverbrechen zu verharmlosen und deren Aufarbeitung zu verhindern. So konnten alte Nazis „mit Gottes Hilfe“ wieder gute Pöstchen in Staat und Wirtschaft bekommen oder gut gesichert und verpflegt mit Hilf der katholischen Kirche nach Südamerika flüchten.
    So schießt Dein Kommentar vollkommen an Sinn und Ziel der Veranstaltung vorbei, man hat das Gefühl, Du äußerst Dein angebliches Detailwissen nur zur Befriedigung Deines Ego.
    Schönen Tag auch!

  3. Jarek sagt:

    Also erstmal haben die Evangelischen mehrheitlich die NSDAP gewählt.
    Und in der Zentrumspartei gab es wohl am wenigsten Antisemitismus nach dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold(Gründer von der SPD rausgeworfen).
    Für den Rest gilt:
    1920 berichtete die “Jüdische Rundschau“: “Der Antisemitismus bleibt das verbindende Element aller deutschen Parteien! Dieselben Unabhängigen, die als Partei des jüdischen Umsturzes verrufen sind, bekämpfen jüdische Gegner der anderen Parteien mit denselben üblen antisemitischen Pöbeleien.”

    http://aro1.com/nichts-neues-im-westen-teil-7/#more-25559

    Ausserdem sollte man nicht Faschismus und NS durcheinander werfen.Bekanntlich hatte Mussolini eine Jüdische Geliebte und hielt von Hitlers Rassenlehre überhaupt nichts und in Spanien war nur der Linke Flügel für einen Kriegseintritt auf Seiten Hitlers.

    Für ein militärisches Engagement zugunsten Hitlers und Mussolinis und eine Rückeroberung Gibraltars trat ein “linker Flügel” ein, dessen Köpfe vor allem Ramón Serrano Súñer und General Juan Yagüe waren.

    http://www.heise.de/tp/artikel/39/39252/1.html

    Der Vatikan versuchte seine Gläubigen zu Schützen-wie gesagt die NSDAP bekam von in katholischen Gebieten am wenigsten Stimmen.
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:NSDAP_Wahl_1933.png&filetimestamp=20080131211749

    Trotzdem landeten bekanntlich Priester im KZ und auch heute kann man moch sehen was einem passiert wenn man nicht mit dem Staat zusammenarbeitet z.b. in China,Nordkorea,Vietnam,Eritrea udn allen Muslimischen Staaten.Dann landet man ganz schnell im Kerker oder wird ermordet.

    Und was ist wenn der Papst als Gerechter unter den Völkern anerkannt wird?

    Angelo Giuseppe Roncalli, so der bürgerliche Name des Papstes, habe nicht nur eine «revolutionäre» Neubestimmung des Verhältnisses der katholischen Kirche zum Judentum eingeleitet, sondern schon in seiner Zeit als Vatikandiplomat während des Zweiten Weltkriegs eine «bedingungslose Liebe für das jüdische Volk und den Staat Israel» gezeigt, so Tenembaum. So habe er im Bemühen, «so viele Juden wie möglich zu retten», bei Vorgesetzen im Vatikan interveniert und seine diplomatischen Kanäle genutzt, um Juden im Balkan die Flucht zu ermöglichen. Manche meinten, dass der damalige Erzbischof dazu auch Taufurkunden ausgestellt habe, schrieb Tenembaum.
    http://www.kath.net/news/41511

    Und beim Thema „Der italienische Faschismus als Vorbild für die deutschen Nazis2 wird hoffentlich erwähnt das beide vorher Sozialisten waren und Hitler es auch blieb(siehe Sozialgesetze die immer noch bestehen).Wie oben erwähnt hetzen damals so gut wie alle Parteien gegen Juden.

    Am Marxismus störte Hitler nur das angeblich Jüdische Element:
    Zitat:
    Ich bin nicht bloß der Überwinder, ich bin auch der Vollstrecker des Marxismus, wenn man das was er wollte und was berechtigt an ihm ist, der jüdisch-talmudischen Dogmatik entkleidetIch habe vom Marxismus viel gelernt. Ich gestehe das ohne weiteres ein. Nicht etwa von dieser langweiligen Gesellschaftslehre und materialistischen Geschichtsauffassung.

    Aber von ihren Methoden habe ich gelernt. Nur, ich habe damit ernst gemacht, womit die kleinen Krämer-und Sekretärseelen zaghaft angefangen haben. Der ganze Nationalsozialismus steckt da drin. Sehen sie nur genauer zu. Arbeiterturnvereine, Betriebszellen, Massenaufmärsche, Propagandaschriften eigens für das Verständnis der Maße verfaßt; alle diese neuen Mittel des politischen Kampfes gehen ja im wesentlichen auf die Marxisten zurück. Ich brauche nur das konsequent fortzuführen, was bei den Sozialdemokraten zehnmal gebrochen war, nämlich infolge des Umstandes, daß sie ihr Revolution im Rahmen einer Demokratie verwirklichen wollten. Der Nationalsozialismus ist das, was der Marxismus hätte sein können, wenn er sich aus der absurden, künstlichen Bindung mit einer demokratischen Ordnung losgelöst hätte.“

    Folgerichtig, hatte Hitler große Sympathien für die revolutionäre, bolschewistische Richtung des Marxismus, lediglich der hohe Anteil an jüdischen Revolutionären war ihm suspekt.

    Und falls ihr meint gegen den kleinen Spießbürger zu kämpfen-ratet mal wer es auch tat:
    Als zum Beispiel Richard Breiting, der Chefredakteur der „Leipziger Nachrichten“, ihn im Mai 1931 zu einer Unterredung aufsuchte, begann Hitler das Gespräch mit der Bemerkung:

    „sie sind ein Repräsentant des Bürgertums, das wir bekämpfen“ und versicherte, er sei bestimmt nicht ausgezogen, um das sterbende Bürgertum zu retten. Er werde es im Gegenteil ausschalten und viel eher mit ihm fertig werden als mit dem Marxismus.

    Weitere Zitate von Hitler „Ich bin niemals unter dem Aspekt des Bürgerlichen zu verstehen.“

    Oder: „das Geheimnis des national-sozialistischen Erfolges ist die Erkenntnis vom unwiderruflichen Ende des Bürgertums und seiner bürgerlichen politischen Begriffswelt.“

    Die Rolle des Bürgertums ist ausgespieltAber auch dieser Kalender Adel, diese degenerierten Abkömmlinge alter Adelsgeschlechter haben nur noch eine Aufgabe, „in Schönheit zu sterben.“ Mit den lächerlichen Mitteln ihrer Clubs und ihrer Cliquen werden diese Herrenklubleute den Ablauf der Geschichte nicht aufzuhalten vermögen.“

    Ein Blick über den Tellerrand dürfte nicht schaden.

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