Bibelflut an der Ruhr-Universität Bochum

Am heutigen Morgen fiel mir auf der Universitätsbrücke an der Ruhr-Uni in Bochum eine Reihe älterer, gepflegter Herren auf. Denjenigen, die sich nicht mit der Örtlichkeit auskennen, sei gesagt, dass die Universitätsbrücke zu Stoßzeiten im Minutentakt von z.T. hunderten Studenten in wenigen Minuten überquert wird – denjenigen nämlich, die mit der U35 zur Uni fahren. Mit lächelndem Gesicht hielt jeder der schätzungsweise 5-6 oben genannten Herren jedem ein kleines marineblau eingebundenes Büchlein unter die Nase, die Bibel bzw. das Neue Testament. Nachschub kam von diversen im Hintergrund aufgebauten Kartonstapeln.

Die Herren sprachen mich an mit der Frage, ob ich nicht ein kleines Geschenk mitnehmen wolle? Ich verneinte höfflich mit dem Hinweis, ich besäße bereits eine Bibel und zwar die wesentlich aufschlussreichere Fassung mit dem Alten Testament. Auf Nachfrage erteilte mir einer der Herren die Auskunft, sie kämen vom Gideonbund* und hätten bereits über Tausend Exemplare verteilt. Ich schätze, der Verteilungszeitraum betrug zum diesem Zeitpunkt erst 1-2 Stunden.

Ich finde die Tatsache, dass an einer relativ liberalen, „linken“ Universität die Missionierungsarbeit christlicher Verbände mittlerweile so immense Ausmaße angenommen hat, erschreckend. Abgesehen von vielfach beworbenen Hochschulgottesdiensten und dem Bibelkreis, die mir persönlich schon immer ein Dorn im Auge waren, wird nun aktiv christliches Schrifftgut unter die Studenten gebracht. Bezeichnend ist meiner Meinung nach in diesem Zusammenhang im Übrigen die Auswahl – obwohl dem Gideonbund diverse unterschiedliche Ausgaben zur Verfügung stehen, haben sie sich an der Universität explizit für das Neue Testament entschieden, welches im Vergleich zum Alten Testament weit weniger barbarisch und widersprüchlich – oder „weichgespült“ – wirkt. Das Richtige für „liberale“ Studenten?

Es bleiben für mich nach dem heutigen Tag viele Fragen offen:

Darf die Bibel/ das Neue Testament ohne rechtliche Konsequenzen einfach aktiv und offensiv ausgegeben werden?

War die Aktion genehmigt und vom Hausherren – dem Rektor – abgesegnet?

Wie steht der Rektor der Ruhr-Universität – ein Biologe – zu diesem Versuch das „Wort Gottes“ an der staatlichen Universität zu verbreiten?

Und vor allem – was können wir tun um diesem gefährichen Trend entgegenzuwirken ohne in die Defensive gedrängt zu wirken?

*Der Gideonbund ist eine internationale Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, „das Wort Gottes in der Welt“ zu verbreiten. Laut eigener Aussage gibt der Bund „Weltweit […] pro Sekunde 2 Bibeln weiter – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Gestapelt entspricht dies stündlich etwa der Höhe des Big Ben.“ (www.gideons.org). Die Mitglieder (Mitglied werden im Übrigen nur Männer, das ist Teil des Wertesystems der Gideons) verteilen Bibeln in Krankenhäusern, Hotels, an Ärzte und Krankenpflegepersonal, an Schulleiter, Lehrer, Studenten etc.

Marta

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