Bestimm‘ dein Endspiel selbst!

Reiseerlebnisse der einen und der anderen Art.

Meine Urlaubsreise führte mich dieses Jahr mal wieder innerhalb deutscher Regionen von Ort zu Ort – raus aus dem Revier. Zu sehen und zu erleben gab es manch sakral Absurdes, esoterisch Verwunderliches, aber auch völlig profan Erstaunliches.

Profan Erstaunliches

Letzteres traf ich in dem Städtchen Annweiler am Trifels im Pfälzer Wald an. Das Thema Fußballweltmeisterschaft war überall gegenwärtig. Kaum ein Schaufenster war nicht in Schwarz-Rot-Gold und mit Fußbällen dekoriert. So achtete ich zunächst im Vorbeigehen auch nicht näher auf dieses ganz besondere Schaufenster: „Finale“, ein Ball, Tücher in den Landesfarben.

Als ich schon an der Auslage vorbei war, stutzte ich. Stand da gerade etwas von verschiedenen Bestattungsarten? Standen da Miniatursärge neben dem Fußball?

Ich ging zurück. Tatsächlich, es handelte sich um das Schaufenster eines Bestattungshauses. Neben der Information über die verschiedensten Bestattungsformen fand sich dort ein Plakat mit dem Text: „Bestimm‘ dein Endspiel selbst!“ mit einem Hinweis zur Vorsorge und Tücher, die man für die private WM-Feier, aber durchaus auch für die Dekoration eines Sarges nutzen konnte. Der Fußball, den ich im Vorbeigehen registrierte: eine Urne.

Sicher, diese Behandlung des Themas Tod ist nicht jedermanns Geschmack. Außergewöhnlich für ein Bestattungshaus und deshalb für uns interessant: Nirgends, auch nicht im zweiten Schaufenster war ein religiöses Zeichen zu finden. Das Bestattungsunternehmen verzichtete völlig auf religiöse Bezüge.

Ganz in der Nähe befindet sich übrigens die kommunal betriebene Naturbegräbnisstätte Trifelsruhe, die ebenso weitgehend ohne relgiösen Bezug auskommt. Auf einen Kreuzweg dort hinauf konnten gläubige Bürger jedoch nicht verzichten. Einen Baum habe ich mir noch nicht ausgesucht. Ich konnte mich anhand des angebotenen Baumhoroskopes einfach noch nicht entscheiden…

Esoterisch Verwunderliches

In Bad Ems wurde ich auf die Privatklinik Maharishi Ayurveda aufmerksam. Zuhause angekommen rief ich deren Website auf. Die Klinik beruft sich auf den Erfinder der Transzendentalen Meditation, über den wir kürzlich den interessanten Film „David wants to fly“ gesehen haben. Seminare zu TM werden dementsprechend auch angeboten.

Verwunderlich fand ich weniger die esoterischen Heilungsmethoden – hier war ich bereits gut informiert. Auch, dass einige Krankenkassen Behandlungen zahlen, sobald „Entspannungsmethode“ drauf steht. Befremdlich sind die Lobeshymnen, die der Bürgermeister und der Kurdirektor auf der Website der Privatklinik über deren Heilmethoden und Erfolge verbreiten:

„Mit dem ‚Maharishi Ayurveda Zentrum‘ haben Sie eine sehr gute Einrichtung gewählt… Das Team um Frau Dr. Pirc als ärztliche Leiterin und Herrn Pirc als Geschäftsführer kümmert sich fachlich und kompetent um Sie.“ und „Alle in Bad Ems kurenden Ayurveda-Gäste sind begeistert. Sie gehören zu unseren treuesten Besuchern. Überzeugen Sie sich selbst und genießen auch Sie Bad Ems. Vertrauen Sie auf unsere medizinische Kompetenz, auf die Heilkraft unserer Thermalquellen sowie auf Ayurveda – die weltweit älteste Naturheilkunde aus dem Himalaya-Gebiet.“

Spiegel-Online recherchierte bereits 2004 über diese Klinik: „Die Wellness-Jünger Seiner Heiligkeit: Ayurveda, das uralte indische Medizinsystem, ist ein Mega-Trend im Wellness-Bereich. Der deutsche Markt wird von den Jüngern des indischen Gurus Maharishi Mahesh Yogi dominiert: Mit teuren Kuren vermarktet ‚Seine Heiligkeit‘ ihre Transzendentale Meditation und abstruse Welterlösungstheorien.“ (mehr…)

Sakral Absurdes

Meine Reise endete in Aachen. Nachdem ich mich bereits zwei Tage zuvor am Rhein in einer Pilgerkirche anhand dort zurückgelassener Krücken  von der Wunderkraft der Ortsheiligen überzeugen konnte (die Krücken waren allerdings schon etwas älter),  durfte ich  im Domschatz zu Aachen mit eigenen Augen den Gürtel Marias, den von Christus  und auch noch seine Geißelpeitsche sehen. Aufbewahrt in kostbaren und zum Teil gläsernen Behältnissen. Im Gegensatz zu den Schätzen, die der Karlszeit zugeschrieben werden, verzichtet man hier in der Regel auf den Beschriftungszusatz „sogenannt“.

Aber noch nicht genug der Absurdität: Das Beste wird im Dom selbst aufbewahrt, allerdings gut verschlossen und vor den Augen der Unwürdigen verborgen. Der Marienschrein enthält Windeln und das Lendentuch Jesu, das Kleid von Maria und das Enthauptungstuch von Johannes dem Täufer. Nur alle sieben Jahre werden diese „Aachener Heiligümer“ den Pilgern gezeigt.

Wer sich für die Geschichte des auch heute noch einträglichen christlichen Reliquienhandels interessiert und allerhand Absurditäten darüber erfahren möchte (z.B. über die vielen Vorhäute Christi oder das Ei und die Feder des Heiligen Geistes zu Mainz), dem sei der 3. Band der Kriminalgeschichte des Christentums von Karlheinz Deschner empfohlen.

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