Buchempfehlung

Das glücklichste Volk: Sieben Jahre bei den Pirahã-Indianern am Amazonas
Daniel Everett
im original (billiger) : Don’t Sleep, There are Snakes: Life and Language in the Amazonian Jungle von Daniel Everett
rezension bei amazon.de
Als Nachkomme einer Missionarsfamilie ist es wohl nicht verwunderlich, aber ich konnte es kaum erwarten dieses Buch in meinen Händen zu halten, um mit dem Lesen zu beginnen.

Vielleicht sollte man zunächst die Bilder im Buch ansehen. Es sind oft Aufnahmen, die uns direkt in die Gesichter der Piraha-Indianer im brasilianischen Urwald blicken lassen. Gesichter voller Offenheit und Freundlichkeit.

Der Missionar Daniel L. Everett, der auch Professor für Linguistik ist, reist mit 26 Jahren in das Amazonasgebiet zu den Pirahas. Er will diesen Menschen die Liebe Gottes verkünden. Er will ihnen von Jesus erzählen.
Dazu allerdings muss er die Sprache der Piraha lernen. Sie kennen weder Farbbezeichnungen noch Zahlen. Niemals sprechen sie über Dinge, die sie nicht selbst erlebt haben. Die Vergangenheit, die Zukunft und auch der persönliche Besitz eines jeden Einzelnen bedeutet ihnen nichts. Sie haben eine völlig andere Art zu denken, gemessen an der Art wie wir es gewohnt sind.

Everett beschreibt seine Erlebnisse bei den Piraha-Indianern spannend wie einen Abenteuerroman. Im ersten Teil erzählt er vom Leben, vom Alltag dieser uns so fremden Menschen. Anschließend kommt der Wissenschaftler in ihm durch und er erläutert gut verständlich die Sprache der Piraha.

Der dritte Teil des Buches ist für mich der wichtigste: Nach einiger Zeit wird der Missionar klar und unmissverständlich von den Piraha dazu aufgefordert, endlich mit dem Gerede über Jesus aufzuhören. Sie sagen ihm, dich Daniel mögen wir, aber mit deinem Jesus, den wir nicht sehen, wollen wir nichts zu tun haben. Das trifft den Missionar hart. Er muss über seine nächsten Schritte nachdenken. Während eines Heimaturlaubs, der erste nach fünf Jahren im Urwald, übersetzt der in Kalifornien geborene Professor für Linguistik an der Illinois State University Daniel L. Everett das gesamte Markusevangelium in die Sprache der Piraha-Indianer. Mit Hoffnung kehrt er zu ihnen zurück. Immer wieder liest er ihnen seine Übersetzung vor, spielt ihnen sogar auf einem Kassettenrecorder den gesprochenen Text vor – alles ohne Erfolg.

Am Ende seines Buches schreibt der Autor: „Die Pirahas sind ein ungewöhnlich glückliches, zufriedenes Volk. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und behaupten, dass die Piraha glücklicher, lebendiger und besser an ihre Umwelt angepasst sind als jeder Christ und jeder andere religiöse Mensch, den ich jemals kennengelernt habe.“ Das sagt der Missionar Daniel Everett als er mehrere Jahre mit den Piraha-Indianern zusammengelebt hat. Er hat seinen Glauben an Gott verloren.

Die Entscheidung seinen Gott aufzugeben macht sich Everett nicht leicht. Er vergleicht sehr intensiv seinen Glauben mit der Lebenseinstellung der Pirahas. Kritisch betrachtet er sein eigenes Leben. Er war Jahrgangsbester seiner Bibelschule und trotzdem wird ihm klar: „Im stillen Kämmerlein war ich Atheist. Und darauf war ich keineswegs stolz.“

Laut Werbung verlor der Missionar Daiel L. Everett seinen Glauben durch die Begegnung mit den Piraha-Indianern. Everett macht aber deutlich, dass die Begegnung mit ihnen nur das I-Tüpfelchen war, das dafür sorgte, dass er es schließlich für alle Welt vernehmlich aussprach.

Vor Menschen die ehrlichen Herzens sagen, sie können nicht glauben, habe ich mehr Respekt als vor den vielen Karteileichen unserer Kirchenarchive. Daniel L. Everett tat es und musste schwer für die Wahrheit bezahlen. Viele seiner Freunde blieben weg und seine Familie zerbrach.


Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Jöst vom Antiquariat UBU

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